Ein himmlisches Paar
Als erster Staatschef einer der weltweit führenden Nationen wird der japanische Premierminister Abe am Donnerstag, den 17. November 2016, den designierten US-Präsidenten Trump in New York treffen. Aus unserer Sicht werden die Gespräche vermutlich eine starke Allianz zwischen den Vereinigten Staaten und Japan betonen, mit möglichen positiven Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den beiden Ländern im Wirtschafts- und Finanzbereich.
Punkte die es dabei zu beachten gilt
Sowohl Premier Abe als auch der designierte Präsident Trump vertreten die Philosophie einer Führung durch Stärke, die von dem ideologischen Grundsatz „Mein Land zuerst“ ausgeht. Zudem haben sich beide Politiker breite Unterstützung mehr oder weniger deutlich gesichert, indem sie teilweise versuchen, dem Aufstieg von China etwas entgegenzusetzen.
Die Abe-Regierung ist sehr eng mit der Republikanischen Partei in den USA verbunden. Bereits im September 2013 – nicht einmal ein Jahr nach der Regierungsübernahme – erhielt Premierminister Abe als erster Nicht-US-Bürger vom konservativen Hudson Institute den Herman Kahn Award. Innerhalb weniger Stunden nach Bestätigung des Wahlergebnisses in den Vereinigten Staaten leistete man im Abe-Team Überstunden, um sich einen Termin für ein Treffen mit dem designierten Präsidenten zu sichern. Die Vereinbarung dieses ersten Zusammentreffens von Staatschefs zweier weltweit führender Nationen dürfte mit zahlreichen Vorteilen verbunden sein: Der von Abe als erstem Regierungschef initiierte Besuch verschafft dem designierten US-Präsidenten eine sehr gute Möglichkeit, auf globaler Ebene ein präsidiales Image zu vermitteln. Die Wirtschafts- und Sicherheitsbeziehungen zwischen den USA und Japan stellen den Auftakt für die Übernahme der globalen Führungsverantwortung durch Trump dar.
Dabei könnte der japanische Premier den neuen US-Präsidenten durchaus gut aussehen lassen. So ist es in Japan Tradition, einem Menschen, dem man zum ersten Mal begegnet, ein sogenanntes „omiage“ – ein Willkommensgeschenk – zu übergeben. Hier hat Japan dem neuen US-Präsidenten viel zu bieten. Unter anderem soll laut Trump-Agenda die Infrastruktur in den USA gestärkt werden. Das Abe-Team könnte Trump auf einfache Weise in eine vorteilhafte Position bringen, indem man von Japan finanzierte, jedoch in den USA gebaute Infrastrukturprojekte offeriert. Die Palette reicht hier von „Shinkansen“-Hochgeschwindigkeitszügen über hochmoderne Logistikzentren und Hafenanlagen und intelligente, passagierfreundliche Flughäfen bis hin zu höchst effizienten Wasserentsalzungsanlagen.
Zudem hat die Abe-Regierung bereits in der Vergangenheit ausländische Direktinvestitionen der japanischen Industrie auf beispielhafte Weise gefördert. Aus unserer Sicht erscheint die Prognose nicht unwahrscheinlich, dass die Gespräche zu Zusagen für die Errichtung weiterer Produktionsstätten in den USA führen und die Investitionen Japans in die US-Wirtschaft steigen. Ein „omiage“ soll den Gastgeber in ein gutes Licht rücken und das Abe-Team ist sich unseres Erachtens völlig darüber im Klaren, dass die Schaffung von US-Arbeitsplätzen und Investitionen in die US-Wirtschaft sicher optimal geeignet sind, um die Glaubwürdigkeit von Trump im eigenen Land deutlich zu erhöhen. Nach unserer Einschätzung könnte das Modell „von Japan finanziert, in den USA gebaut“ einen für beide Seiten attraktiven Deal darstellen.
Natürlich gibt es im Hinblick auf die eigentliche Agenda, die Tagespolitik und den Führungsstil des nächsten US-Präsidenten möglicherweise noch zahlreiche unbekannte Größen. Die Tatsache, dass der japanische Premierminister als erster die Initiative ergreift, deutet jedoch auf den starken Wunsch Japans hin, in der Zukunft der Vereinigten Staaten eine wesentliche Rolle zu spielen – in einer Partnerschaft sowohl in der Wirtschafts- als auch in der Sicherheitspolitik. Zumindest haben sich die Beziehungen zwischen den USA und Japan in der globalen Agenda von Trump ganz nach oben geschoben.
Wenn – wie wir annehmen – die Gespräche am Donnerstag gut verlaufen, dürften sich daraus auch positive Auswirkungen auf Risikoanlagen in Yen ergeben.